⌚ Zepp Health [ZEPP] - von der Hardware-Fabrik zur digitalen Gesundheitsplattform
China Digital Leaders Weekly Insights #36
Zepp Health - Unternehmensvorstellung
Wer schon einmal China bereist hat, für den ist das ein vertrautes Bild: ältere Menschen tanzen früh morgens gemeinsam auf öffentlichen Plätzen, machen Schattenboxübungen oder dehnen sich in den städtischen Parks mithilfe der von der Regierung eingerichteten öffentlichen Fitnessgeräte aus robustem Stahl. Das Ganze hat eine sehr lange Tradition, denn Chinesen wissen, dass sie bereits am frühen Morgen die Lebensenergie des “Qi” 气 in Gang bringen müssen. Laut Statistiken gibt es mittlerweile in den großen chinesischen Städten über 20 Millionen Quadratmeter solcher öffentlichen Gyms.
Diese Fitness-Tradition hat einen ernsten Hintergrund. Chinas rapide alternde Gesellschaft muss sich eigenverantwortlich um ihre Gesundheit kümmern, denn die staatliche Krankenversicherung kann häufig nicht alle Kosten einer teuren medizinischen Behandlung übernehmen. Nicht selten werden Familien so in den finanziellen Ruin getrieben. Gerade deswegen werden immer mehr technologische und digitale Gesundheits-Dienstleistungen und Produkte in Anspruch genommen. Dazu zählen insbesondere die Kategorie der Fitness Wearables und Smart Watches. Einer der führenden Hersteller in China ist das Unternehmen ZEPP Health (Zepp).
Das Geschäftsmodell
Zepp wurde im Jahr 2013 unter seinem früheren Namen Huami 华米 gegründet und begann sein Wachstum als Haus- und Hoflieferant von Fitness Armbändern für den Smartphone Riesen Xiaomi (Mi Band). So kam es auch nicht von ungefähr, dass Xiaomi gleich zu Beginn in 2014 das erste Investment in die noch junge Fabrik mit ihrem Gründer Huang Wang 黄汪 tätigte. Huang hatte seit 1998 direkt nach seinem Studium bei Huawei gearbeitet und sich mit dem Thema “Intelligente Hardware” befasst. Auch heute noch ist Xiaomi mit 14 Prozent nach dem Gründer (30 Prozent) der zweitgrößte Anteilseigner. Xiaomi Gründer Lei Jun’s eigener VC Fonds “Shunwei Capital” hält weitere sechs Prozent an Zepp. Seit dem Februar 2018 ist die Zepp Health Aktie an der NYSE notiert.
In den vergangenen Jahren hat Zepp zunehmend auch auf hauseigene Brands gesetzt. Dazu zählen die Marken “Zepp” und “Amazfit”. Hier werden nicht nur Smartwatches und Fitnessarmbänder, sondern auch Kopfhörer, Fitnesswagen und Fitnessgeräte für zu Hause angeboten. Die Parallelen zu Fitbit sind unübersichtlich. Ein Schelm, wer schlechtes dabei denkt. Aber längst ist der alten Huami Fabrik der Sprung zur Gesundheitsplattform gelungen.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Smart-Device-Anbietern entwickelt Zepp Health seinen eigenen AI-Smart-Device-Chip, die Huangshan-Serie, die derzeit in der dritten Produktionsgeneration läuft. Das Unternehmen designt auch seine eigenen Sensoren: der neueste ist der BioTracker 3 PPG-Sensor, der den Blutsauerstoffgehalt, den Herzfrequenz-Stresspegel und die Schlafqualität überwacht. Algorithmen zur Analyse der Sensordaten werden ebenfalls in-house entwickelt.
Im Herbst 2021 hat Zepp ein völlig neues Betriebssystem - Zepp OS - für seine Smartwatches auf den Markt gebracht hat. Das neue System mit dem Huangshan 2s Chip senkt den Energieverbrauch um 65 Prozent und kann seine Uhren nun mit einer Laufzeit von bis zu 21 Tagen im Batteriesparmodus anpreisen. Da sind sie der Konkurrenz um einiges voraus: Apple kommt mit seiner neuesten iWatch gerade mal auf 18 Stunden und selbst Fitbits neuestes Modell - Fitbit Sense - hat eine Batterielebensdauer von nur sechs Tagen.
Mit seinen Eigenmarken ist Zepp mittlerweile auch preislich wesentlich besser aufgestellt als noch in der Vergangenheit. Lagen die Preise bei den einfachen Fitness Armbändern eher bei 45 EUR, so verkauft man die hochpreisigeren Amazfit X und Amazfit GTR3 Pro heute für zwischen 200 und 300 Euro.
Neben dem Hardware Geschäft hat es Zepp verstanden, sich immer mehr als digitale Gesundheitsplattform zu positionieren und sich in das Datengeschäft zu integrieren. Die von den gegenwärtig 42 Millionen Nutzern eingesammelten Gesundheitsdaten werden in der Zukunft eine immer größere Rolle bei der Interaktion zwischen Nutzern und Versicherungen, der Forschung und Gesundheitsdienstleistern spielen. Mit PAI Health hat Zepp einen robusten Herzgesundheits-Score entwickelt, der mittlerweile von über 16 Millionen Nutzern weltweit genutzt wird. Bereits jetzt bestehen Kooperationen mit großen Versicherungsunternehmen wie Prudential und GenRe, die diese Scoring Technologien lizenzieren und in hauseigenen Apps für ihre Endkunden zur Verfügung stellen.
Daneben bestehen bereits über 20 Partnerschaften mit unabhängigen Forschungslabors, Krankenhäusern, Pharmaunternehmen und Universitäten, um Daten zu analysieren und Algorithmen zu entwickeln, die Gesundheitszustände erkennen oder auch Auswirkungen von Medikamenten und Behandlungen verstehen können. Auch wenn heute in diesem Segment noch keine nennenswerten Einnahmen generiert werden, so geschieht all dies natürlich in der Annahme, dass in der Zukunft relevante kommerzielle Anwendungen, zum Beispiel in der Diagnostik, folgen können. Insofern ähnelt das Zepp Modell auch Xiaomi, die seit dem Börsengang darauf pochen, neben der Hardware Marge in Zukunft einmal ganz groß mit Internet-basierten Value-Added Services auftrumpfen zu können.
Wachstum und Zahlen
Das Unternehmen hat sich schnell globalisiert, insbesondere wenn man seine bescheidene Herkunft als einstige Fabrik für Xiaomi Produkte berücksichtigt. Im dritten Quartal 2021 lieferte Zepp Health über 9,9 Millionen Geräte aus - im Vorjahreszeitraum waren es noch 15,9 Millionen gewesen. Der Rückgang hatte mehr mit den schlechten Verkaufszahlen der Xiaomi Bänder zu tun. Bei den Eigenmarken war ein Umsatzanstieg von 38 Prozent zu verzeichnen gewesen.
Zepp Health ist laut IDC einer der Top-4-Verkäufer im weltweiten Smartwatches Segment. In Brasilien, Tschechien, Russland und Indonesien belegt Zepp den ersten Platz, wobei die Marktanteile in Brasilien und Tschechien über 30 Prozent liegen. In Italien, Thailand und Spanien belegte Zepp Health mit einem Marktanteil von jeweils rund 20 Prozent den zweiten Platz bei den Auslieferungen. In Deutschland liegt es übrigens schon auf Platz vier.
Zepp erreicht nun bereits 42 Millionen aktive Nutzer in mehr als 190 Ländern. Im Vergleich dazu hatte Fitbit, das 2019 von Google für 2,1 Milliarden US-Dollar gekauft wurde, nach Angaben von Statista im Jahr 2020 etwa 31 Millionen Nutzer seiner Produkte. Apple Watch hat jetzt 100 Millionen aktive Nutzer, wie Daten von Counterpoint Research zeigen.
Risiken
Als Hersteller in China leidet Zepp natürlich erst einmal unter den landesweit geltenden COVID Beschränkungen. Jedes Aufflammen von neuen COVID Erkrankungen in bestimmten Regionen hat dank der rigorosen Zero-Covid Policy der chinesischen Regierung sofort gravierende Folgen für die lokalen Lieferketten und den Export.
Zweitens muss erwähnt werden, dass Zepp zwar im Augenblick bereits beeindruckende Kapazitäten zur Entwicklung eigener Chips erreicht hat. Da es sich aber um Fabless Design handelt, müssen diese natürlich von den großen Chipherstellern erst einmal produziert werden. Zu den Lieferanten gehört hier auch TSMC in Taiwan. Damit steht Zepp, wie viele andere Unternehmen auch, im Augenblick auf sehr wackligen Beinen. So gab Zepp vor zwei Wochen am 31. Dezember 2021 eine Korrektur für seine viertes Quartal Umsatzerwartung (ursprünglich 1,75 bis 2,00 Milliarden RMB) bekannt. Ganz offensichtlich unter dem Eindruck der globalen Chip Lieferengpässe und den Covid-Lockdowns in China, wird jetzt nur ein Umsatz von 1,6 bis 1,75 Milliarden RMB (220 bis 240 Millionen EUR) erwartet. Die gute Nachricht ist aber, dass das Unternehmen weiterhin profitabel bleibt.
Des weiteren bleibt festzuhalten, dass die Zepp Health Aktie natürlich als in den USA gelistetes chinesisches Unternehmen den regulatorischen Unwägbarkeiten seitens der amerikanischen Regierung und Kongress ausgesetzt ist. Da ist einerseits der Holding Foreign Companies Accountable Act, der zu einem Delisting von der amerikanischen Börse innerhalb der nächsten drei Jahre führen kann. Und andererseits besteht immer die Gefahr, von der amerikanischen Regierung auf die sogenannte Black List gesetzt zu werden, ähnlich wie es bereits Xiaomi widerfahren ist.
Ein altes Problem bleibt die immer noch relativ hohe Abhängigkeit von Xiaomi. Zwar ist jüngst der Kooperationsvertrag wieder verlängert worden, aber dennoch bleibt der Druck sich durch noch stärkere Eigenmarken von dem übermächtigen Freund und Partner zu emanzipieren, denn 62 Prozent des Gesamtumsatzes kommt auch im dritten Quartal 2021 weiterhin von Xiaomi.
Zu guter Letzt sollte man der Kursrisiken vergegenwärtigen. Chinesische Technologieaktien hatten ein traumatisches Jahr 2021. Der regulatorische Tsunami ist auch an der Zepp Health Aktie nicht spurlos vorbei gegangen, die von gut 20 Dollar in der Spitze im Februar 2021 auf unter fünf Dollar im Dezember einbrach. Zwar war hier das weitreichende Anti-Monopol Thema nicht ausschlaggebend, aber Datensicherheit und Algorithmen sind die für Zepp empfindlichen Angriffsflächen. Und in diesem Belang dürfte das Schlimmste noch nicht vorbei sein. Denn die Implementierung der neuen Bestimmungen hinsichtlich Sicherheit von Kundendaten und unsachgemäße Nutzung von Algorithmen wird in diesem Jahr erst richtig Fahrt aufnehmen. Die China Cyberspace Administration (CAC) hat gerade erst am 4. Januar die neuen Bestimmungen zur Verwaltung von Algorithmusempfehlungen für Internet-Informationsdienste erlassen, die am 1. März in Kraft treten sollen. Es ist noch offen, ob die zukunftsweisenden Initiativen von Zepps digitaler Gesundheitsplattform Schaden nehmen werden.
Bewertung der Zepp Health Aktie und Prognose
Die Zepp Health Aktie wird jetzt bei 5,21 Dollar gehandelt – ein Bruchteil des Höchststands vom Februar letzten Jahres. Die Aktie ist aufgrund der amerikanisch-chinesischen Spannung Opfer eines breiteren Ausverkaufs chinesischer Aktien geworden. Der Aufmarsch der chinesischen Tech-Regulierer hat ebenfalls nicht geholfen, wobei wir der Auffassung sind, dass Zepp in dieser Hinsicht konkret nur mit einem relativ geringen Risiko konfrontiert ist. Mit einem Marktwert von nur 330 Millionen Dollar wird Zepp mit einem kräftigen Abschlag gegenüber seinen Mitbewerbern gehandelt. Dies kann dann auch nur teilweise mit den oben beschriebenen regulatorischen Eingriffen begründet werden. Das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt bei etwa zehn und damit bei weniger als der Hälfte von Garmins KGV von 23. Ähnlich dramatisch sieht die Diskrepanz beim Kurs/Buchwert Verhältnis aus, wo Garmin bei 4,3 und Zepp bei 0,7 steht.
Wie viele andere chinesische Technologieunternehmen in einer ähnlichen Situation hält Zepp seine Aktien eindeutig für unterbewertet. Das Unternehmen wies in seiner Ankündigung letzte Woche auch darauf hin, dass es bereits Aktien im Wert von 3,6 Millionen Dollar zurückgekauft hat, seit es im November ein Aktienrückkaufprogramm im Wert von 20 Millionen US-Dollar vorgestellt hatte.
Während die Umsatzentwicklung trotz aller gegenwärtigen Probleme als positiv zu bewerten ist, muss man die Entwicklung der Bruttomarge als problematisch bezeichnen.
Im Rahmen der steigenden Umsätze bei den Eigenmarken sollte man bei 38 Prozent Umsatzbeitrag eine spürbare Margenverbesserung feststellen können (zum Vergleich: Die Bruttomarge bei Garmin liegt über 55 Prozent). Dies ist bisher noch nicht der Fall. Die Bruttomarge des Unternehmens hängt auch im dritten Quartal weiterhin bei 20 Prozent fest. Im Earnings Call gab CFO Leon Deng an, dass die Marge bei den eigenen Marken das 1,7 bis 2 fache betrage im Vergleich zu den Xiaomi Produkten. Hier sollte irgendwann der Knoten platzen.
Fazit
Die Hausaufgaben für Zepp sind klar. Für das Unternehmen spricht die breiter werdende Produktpalette aus dem eigenen Hause mit stärkerer Betonung des lukrativen High-end Marktes, in dem multi-funktionale Smartwatches immer wichtiger werden. Die Bruttomarge muss sich in der Folge in Richtung 30 Prozent und mehr bewegen. Das geschickte Re-Branding als Zepp Health (nicht mehr Huami!) mit modernem Logo ebnet den Weg für eine erfolgreiche internationale Expansion.
Ein Secondary Listing in Hong Kong würde sicher helfen, dem für chinesische Technologieunternehmen negativen Sentiment des amerikanischen Aktienmarktes zu entkommen und neue Kapitalquellen näher am Heimatmarkt anzuzapfen. In unserer Auffassung droht dem Unternehmen wenig Gefahr von der chinesischen Regierung, zu gut ist seine Positionierung als “hard tech player”, der Gesundheitsaspekte im Sinne des Landes adressiert und mit entsprechenden Investitionen in Halbleiter und Sensoren untermauert. Wollen wir auch nicht vergessen, dass der 14. Fünfjahresplan mit Kapitel 44 eine klare Ansage zur Volksgesundheit macht, wenn er “die Entwicklung eines zivilisierten und gesunden Lebensstils für alle Menschen, die Stärkung der Gesundheitserziehung und Verbreitung von Gesundheitswissen” zur obersten Priorität macht. Zepp ist hier gut positioniert, davon zu profitieren. Die Zepp Health Aktie ist derzeit günstig bewertet und wir freuen uns, sie im Portfolio unseres China Digital Leaders Fonds zu haben.
Link zu unserem Fonds:
The Digital Leaders Fonds Webseite
Universal Invest: China Digital Leaders Fonds AWFTOPE
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